Immer noch ein wenig erschöpft sitzen wir in unserem gemütlichen Wohnzimmer in Berlin und haben einen lieben Gast hier. Es ist Bill Smith von radio Miami 278. Einige von euch werden ihn noch kennen. Schon 2009 und 2013 haben wir sehr angenehme Gespräche geführt, die gleichzeitig im Radio übertragen wurden. So auch heute. Aber ich gebe dir das Wort, Bill:
Bill Smith (radio miami 278): Erst einmal herzlichen Dank, dass ich diesmal bei euch zu Hause sein darf. Sonst habe ich euch ja immer auf einem Flughafen irgendwo in der Welt interviewt.
heimatlos: Das stimmt. Aber die Freude ist auch auf unserer Seite. Schließlich hast du ja den weiten Weg von den USA auf dich genommen, nur um uns zu sprechen.
Bill Smith (radio miami 278): Na ja, ihr hattet ja auch einen weiten Weg.
heimatlos: Es sind tatsächlich 3152 km geworden, die wir auf dem Rad verbracht haben. 42 Etappen durch Irland, Frankreich, Belgien, Holland und die BRD. Meistens haben wir im Zelt geschlafen, aber auch zweimal auf der Fähre zwischen Irland und Frankreich, einmal bei unserem Freund Andi, einmal im Heu und in Pensionen, Ferienwohnungen und Hotels. Jetzt freuen wir uns aufs eigene Bett.
Bill Smith (radio miami 278): Was war nun anders, als bei euren bisherigen Reisen?
heimatlos: Na, vor allem die Länge der Radtour. Darauf lag ja auch der Schwerpunkt: Rad fahren, Rad fahren, Rad fahren …. Aber auch, dass wir gar nicht so weit weg waren, sondern mehr oder weniger die Nachbarländer besucht haben. Was nicht weniger interessant war. Aber dazu vielleicht später.
Bill Smith (radio miami 278): Über 1500km seid ihr auf dem europäischen Radweg R1 gefahren. Was ist das Besondere dieses Radweges?
heimatlos: Der R1 ist nicht so, wie andere Radwege. Er ist ursprünglicher, härter. Er wird nicht so stark befahren, oft trafen wir tagelang keine anderen Langstreckenradler*innen. Nicht immer führt er durch schöne Landschaften. Die Ausschilderung und der Untergrund lassen oft zu wünschen übrig.
Bill Smith (radio miami 278): Das hört sich ja so an, als könntet ihr eine Reise auf diesem Weg nicht empfehlen.
heimatlos: Nein, ganz im Gegenteil. Wahrscheinlich gibt es keinen Radweg, der so stark mit der deutschen Geschichte verbunden ist, obwohl er zum großen Teil gar nicht durch Deutschland führt. Gerade, wenn mensch durch Frankreich, Belgien, Holland und (wie im letzten Jahr) durch Polen und Russland fährt, kriegt mensch hautnah mit, was deutsche Eroberungs- und Vernichtungspolitik in den letzten hundert Jahren angerichtet hat. Um nur einige Beispiele zu nennen: die Schützengräben des 1. WK in Belgien, der Atlantikwall an der Nordseeküste, Arnhem und die leider gescheiterte Invasion der Allierten 1944, die zerstörten Städte in Polen, Kaliningrad, das menschenleere Klaipeda im Mai 1945 …
Das hat uns sehr beeindruckt und wir können nur allen empfehlen den R1 zu fahren und nie zu vergessen, was mensch entlang der Strecke gesehen hat.
Bill Smith (radio miami 278): Hmm, beeindruckend. Also war das eher eine sportlich-herausfordernde Bildungsreise? Hattet ihr gar keinen Spaß?
heimatlos: Doch, natürlich. Sonst hätten wir das ja nicht gemacht. Wir haben es genossen im Zelt zu sein, im Laufe der Zeit richtig braun zu werden, Beinmuskeln zu entwickeln, die schönen irischen Ecken wieder zu entdecken, Brügge zu sehen, im Harz zu wandern und die zahlreichen Guiness, Stella Artois, Amstel, Hasseröder zu genießen. Der französische Rotwein darf auch nicht vergessen werden.
Bill Smith (radio miami 278): Stimmt, das habe ich vergessen zu erwähnen. Heimatlos bewirten mich mit feinem belgischen Bier. Die wievlte Fnasche habn wir grde geöffet?
heimatlos: Wir haben nicht mitgezählt. Wusstest du übrigens, dass belgische Biere meist über 10% Alkoholgehalt haben?
Bill Smith (radio miami 278): ……..
heimatlos: Bill..? Biiiillll! … Liebe Hörer*innen, das wars aus Berlin. Wir geben zurück nach Miami.