15.09.2024 / Berliner Ensemble / Kleiner Mann was nun

Wenige Tage vor der Aufführung erfuhren wir, dass die Aufführung ca. 5 Stunden gehen sollte. Eigentlich hätten wir das wissen müssen. Der Regisseur ist Frank Castorf.

Wir haben uns die Einführung im „Salon“ angehört und erfahren, dass Castorf den Roman von Fallada mit anderen Texten von Fallada und Heiner Müller mischt. Castorf will mit seiner Inszenierung die optimistische Aussage von Fallada, dass das private Glück über die schlimmsten gesellschaftlichen Unglücke (Arbeitslosigkeit, Faschismus) hinweghelfen kann, konterkarieren. Das finde ich gut. Es versprach ein interessanter Abend zu werden. Aber werden wir alles verstehen, wenn die Handlung nur noch in Bruchstücken sichtbar sein wird?

Aber das war kein Problem. Ich habe jetzt nicht alles verstanden, aber das meiste schon. Was aber Castorf macht, ist auf die Dauer anstrengend und wenig aussagekräftig. Mit Hilfe mehrerer Schauspieler*innen, die alle wirklich hervorragend spielen, wechseln die Protagonist*innen ihren Charakter (scheu, brutal, spießig, lasziv…). Auf diese Weise wird versucht die einzelnen Szenen aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten und vor allem das Eia Popeia zu zerstören (glotzt nicht so romantisch).

Aber das war alles zu viel, zu lange. Was bleibt, wenn nur zerstört, ins Lächerliche gezogen und mit den Charakteren rumgespielt wird? Bei mir blieb nicht mal Nachdenklichkeit. Denn das weiß ich doch: Arbeitslosigkeit frisst die Liebe auf, die KPD war auch Scheiße, Zuhälter sind brutal, Spießer sind Spießer usw.

Wir haben uns nach der Pause entschieden ein Bier in der Kantine zu trinken. Vielleicht hätte ich es noch eine Stunde ausgehalten. Vor allem wegen der Schauspiler*innen. Wer will aber mitten in der Vorstellung aufstehen und sich durch die Reihen quälen….

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