16.02. – 18.02.2024 / Cottbus

Erster Tag : Wie viele Varianten gibt es, um das Reisen mit der Bahn unkomfortabel zu machen?

Variante 1034: Wenn der ukrainische Präsident die Hauptstadt besucht, muss der Zugverkehr innehalten. Oder waren die „Personen im Gleisbett“ Terrorist*innen oder Sicherheitsbeamt*innen? Oder sogar beides? Egal. Vielleicht wird’s mal verfilmt. Jedenfalls keine Bahnen zwischen Hauptbahnhof und Ostkreuz. Der Zug nach Cottbus und wir wichen auf die Bahnhöfe Gesundbrunnen und Lichtenberg aus.

Mit nur einigen Minuten Verspätung erreichten wir die südbrandenburgische Bezirksstadt. Grau war der Himmel und die Innenstadt menschenleer. Das sollte sich auch bis Sonntag nachmittag nicht mehr ändern. Mit Hilfe des Handys suchten wir ein paar Sehenswürdigkeiten (Spremberger Turm, Altmarkt, Synagoge) und fanden ein Cafe. Dort waren die Menschen, die in den Straßen fehlten. Das muss besser organisiert werden!

Als es dunkel wurde, erreichten wir unsere Ferienwohnung am Rande der Altstadt, kauften später fürs Frühstück bei Penny ein. Im „Alt – DDR – Restaurant“ waren wir die einzigen Gäste. Es gab Bauernfrühstück und Schnitzel mit Mischgemüse aus dem Glas – schön verkocht. Aber preiswert!

Zweiter Tag: Zum Fürst Pückler Park war es nur eine kurze Wanderung am Rand der Stadt entlang. Für den Park hatten wir uns einen Audioguide heruntergeladen. Das war informativ und kurzweilig. Wegen der anderen Besucher hatten wir uns kleine Namensschilder an die Jacken geheftet. Auf denen stand: BERLINER. So mussten sich die Leute nicht wundern, dass wir mit Kopfhörern und abwesendem Blick kreuz und quer duch den Park streiften. Pückler selbst war offensichtlich ein wenig verrückt. Jedenfalls hat er sich in einer dieser Pyramiden, die im Park stehen, beerdigen lassen.

Nach einem Tee im dortigen Kavaliershaus ging’s zurück. Am Nachmittag dann Biathlon im Fernsehen und Mittagsschlaf. Wir mussten fit für den Theatermarathon „Ich mach ein Lied aus Stille …“ im Cottbusser Staatstheater sein. Wir kamen ein wenig zu spät, weil die Vorstellung 30min früher gestartet hatte (das hatte ich vergessen). Parkett und Rang waren nicht mal halb gefüllt.

Zunächst gab es vertonte Gedichte von Eva Strittmatter. Das war sehr nett, aber ich verstand die Texte akustisch nicht. Ohne Pause ging es dann mit dem dramatisierten „Ole Bienkopp“ von Erwin Strittmatter weiter. Das war sehr interessant gemacht. Es gab dialogisch gespielte Szenen aus dem Buch, die unmittelbar aufeinanderfolgten. Damit mensch es aber verstehen konnte und nicht durcheinanderkam, haben die Figuren ihre Namen auf den Jackenrücken gestickt bekommen. Die Handlung selbst wurde von einem Chor gesprochen. Zur Hälfte des Stücks gab es eine Pause. Weil es so leer war, bekamen wir fast ohne Anstehen ein kleines Bier für 3,50€ (inzwischen normal).

Nach der Pause ging es nahtlos mit „Bienkopp“ weiter. Am Ende durchaus freundlicher Beifall, der sich im sehr großen Theater verlor. Jetzt sollte der dritte Teil „Daheim“ nach dem Buch von Judith Hermann kommen. Wir fanden es echt unfreundlich und typisch provinziell, dass in dieser Pause nach und nach das Publikum seine Mäntel aus der Garderobe holte. Auch die Pausenversorgung war geschlossen! Als wir fast allein im Theater waren, stellte sich heraus, dass der dritte Teil des Abends wegen Krankheit abgesagt war.

Nun gut, kommen wir eher in die Kneipe! Die hatte allerdings nur bis 23 Uhr geöffnet. Als geübter Trinker hatte ich aber trotzdem meine 2 Bier. So wars ok.

Dritter Tag: Heute hieß es früh aufstehen, um 10.00 Uhr begann die Führung durch das Cottbusser Theater. Das riesige Theater ist ein Jugendstilbau. Er fällt schon von Weitem auf, weil er so überdimensioniert ist. Aber Cottbus hatte auch mal tolle gute alte Zeiten. Jugendstil? Stimmt um 1900 herum. Da war die Stadt ein Zentrum der Textilindustrie. Dem örtliche Bürgertum mangelte es an Kultur. So haben sie versucht, es mit viel Geld wett zu machen. Zahlreiche Skulpturen und Vasen im griechischen Stil (darunter haben sie es nicht gemacht) wurden von den Mäzenen der Stadt gespendet. Für die Arbeiterklasse gabs den dritten Rang, der erst nach der Rekonstruktion zu DDR Zeiten einen Zugang zur Pausenversorgung bekam. Es war nicht alles schlecht im Sozialismus! Und sicher hat das Bier auch weniger als 3,50 gekostet.

Das Cottbusser Stadtmuseeum macht sonntags erst um 13.00 Uhr auf. Deshalb tranken wir noch einen Kaffee. Aber nicht am Altmarkt. Dort fand die wöchentliche Demo des depressiven und gebeutelten Mittelstandes statt. Naziverdächtig!

Das Museum war klein und wirklich sehr überblicksartig. Eine kleine Enttäuschung. Der Zug nach Berlin fuhr pünktlich los und war pünktlich in Berlin. Aber diesmal gings nicht über Lichtenberg, weil der James Bond Film schon abgedreht war. Birgit hatte aber am Freitag ihr Rad dort abgestellt. Die Deutsche Bahn kann’s aber auch niemals recht machen….

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