Seit drei Tagen erkunden wir Zagreb und Umgebung bei schönstem Sonnenschein, jedoch kühlen Temperaturen im einstelligen Bereich. Am Sonnabend machten wir einen langen Stadtspaziergang bis zum Stadtrand zum Friedhof Mirogoj. Zurecht wird er als monumental bezeichnet. Die Gräber sind Denkmale, die dicht nebeneinander aufgereiht sind. Das größte Grab hat Franco Tudman, der erste Präsident des unabhängigen Kroatiens der 1990er Jahre. Er war ein Asutokrat und Nationalist und wird hier sehr verehrt, auch ein neuer innerstädtischer Park trägt seinen Namen. Wir liefen über den Friedhof wie durch ein Geschichtsmuseum und googelten uns die fehlenden Informationen zusammen. Beispielsweise war uns Bleiburg unbekannt. Ein großer Gedenkstein erinnert an die Opfer von Bleiburg im Mai 1945. Hier hatten Angehörige der jugoslawischen Volksarmee faschistische Ustaschasoldaten und andere Nazis, aber wohl auch Zivilist:innen nach der Befreiung umgebracht. Über das Ausmaß streiten sich die Historiker:innen. Heute findet in Bleiburg jedes ein sehr großes internationale Nazitreffen statt – NS Verherrlichung pur. Die offizielle kroatische Geschichtsschreibung verurteilt die kommunistischen Täter und verharmlost die Nazis.
Vom Friedhof Mirogoj liefen wir ein paar Kilometer durch Zagreber Vororte zum Park Maksimir. Ein riesiger Park mit mehreren Seen, dem Zoo und einem Aussichtsturm mit Cafè. Hier kehrten wir ein und machten Pause, fußmüde wie wir waren. Gegenüber dem Park steht das Stadion Maksimir, wo Dinamo Zagreb spielt. Hier lernten wir, dass es 1990 zu einer blutigen Stadionschlacht kam noch bevor das Spiel zwischen Dinamo Zagreb und Roter Stern Belgrad losgehen konnte. Der Krieg war schon sehr nahe… Die Fans von Dinamo gelten auch heute noch als Nationalisten und sehr gewalttätig.
Zurück im Stadtzentrum besuchten wir das Festival of Lights, das an verschiedenen Orten mit Lichtinstallationen Menschenmassen anlockte. So schoben wir uns wenig coronagerecht durch enge Gassen. Zum Abendessen gab es Pubfood und craftbeer.
Am Sonntag waren wir vormittags im stadtgeschichtlichen Museum. Es gab viele Räume zur urzeitlichen Geschichte und zur religiösen Geschichte Zagrebs, aber nur sehr spärliche Informationen zur Rolle Kroatiens während des Nationalsozialismus – sie hatten hier ein eigenes faschistisches Regime – und ebenso wenig war zu erfahren über die Zeit nach dem 2. Weltkrieg. Das war schade, obwohl uns das Museum insgesamt ganz gut gefallen hat.
Vom Stadtmuseum aus liefen wir in die Unterstadt zum Botanischen Garten. Es gab zwar noch nicht so viele Pflanzen in Blüte zu sehen, aber die Anlage ist sehr schön und die Frühblüher waren schon zahlreich draußen.
Am Nachmittag machten wir uns auf den Weg zur Sava, dem Fluß, der durch Zagreb fließt. Er trennt die Altstadt von der Neustadt. Der Übergang war allerdings episch lang sowie menschenleer und wir mussten einige Umwege laufen, weil z.B. das Grundstück des kroatischen Fernsehens weiträumig eingezäunt ist. Auf dem Deich angekommen, trafen wir wieder auf Menschen, die hier joggten, ihre Hunde ausführten oder ihren Sonntagsnachmittagsspaziergang absolvierten. Auf dem Rückweg in die Innenstadt sind wir durch den oben erwähnten Tudman-Park gelaufen. Das ist eine grüne, schmale Freifläche mit vielen Springbrunnen jedoch eingeklemmt zwischen zwei stark befahrenen Straßen.
Zurück beim Festival of Lights warfen wir noch einen Blick auf ein paar kitschige Illuminationen und verzogen uns dann in einen Pub…
Heute, an unserem letzten Tag in Zagreb, wollten wir in die Berge. Vor den Toren der Stadt erhebt sich das Medvednica-Gebrige. Wir fuhren Straßenbahn und Bus bis an den Fuß der Berge. Dann erklommen wir die Burg Medvedgrad. Wir freuten uns, dass wir keinen Eintritt bezahlen mussten, denn das Tickethäuschen war unbesetzt. Nach einem Gang durch die Burg wurden wir jedoch gebeten zu gehen, heute wäre hier eine private Veranstaltung. Für uns war das nicht weiter schlimm, wir wollten sowieso weiter wandern zum Fernsehturm und ins Skigebier Sljeme.
Nach anderthalb Stunden und insgesamt 750 Höhenmetern kamen wir dort oben durchgeschwitzt an, schauten uns etwas um und tranken ein Bier in der Sonne. Unglaublicherweise fahren die Leute dort auf Kunstschnee den Berg herunter. Auf dem Berg gab es einige Apres-Ski-Hütten, die ganz gut frequentiert waren. Seit 4 Wochen gibt es eine Seilbahn hinunter nach Zagreb. 5km in 16 Minuten. Wir haben sie genommen und sind dann mit zwei Straßenbahnen zurück in die Innenstadt gefahren.
