Im Gegensatz zum vorgestrigen Tag haben wir gestern Elend gesehen. Aber das gehört ja vielleicht zusammen religiöser Prunk und Armut.
Wir liefen zum Hauptbahnhof und lösten ein Ticket für die Circleline. Freundlich wurden wir von Beamten zum richtigen Gleis geleitet. Ein Ticket kostete 200 Kyat. Das sind ca. 15 Cent. Während deutsche Bahnhöfe immer steriler werden, hat dieser Bahnhof wohl seine beste Zeit während der Kolonialzeit gehabt. Heute ist er völlig heruntergekommen und sehr schmutzig. Auch die Züge sind alt und kaputt. Alles ist sehr entspannt, keine Durchsagen, die Leute gehen über die Gleise. Da die Zugfahrt in allen Reiseführern steht, waren wir nicht die einzigen Langnasen auf dem Bahnsteig.
Aber unser Zug kam fast pünktlich. Die folgenden 2 Stunden sind wir um Yangon herumgezuckelt. Der Zug fuhr wahrscheinlich um die 20km/h.
Die ganze Fahrt hat mich an unser Erlebnis mit der Bahn in Indonesien erinnert. Der Zug hatte keine Türen, ständig kamen Verkäufer*innen, die Leute transportierten Waren zum und vom Markt. Wir saßen nur da und haben alles beobachtet. B. hat ein wenig fotografiert.
Über die gesamte Strecke sahen wir Unmengen von Müll, ärmlichste Hütten und verfallene Gebäude. Jede Menge Kinderarbeit im Zug und auf den Bahnhöfen und Märkten. Aber bei allem Chaos: Unsere Fahrkarten wurden zweimal kontrolliert und der Schaffner achtete sehr darauf, dass keine*r zu früh vom Zug sprang oder nachträglich aufsprang. Da wurde laut geschimpft, was nicht hieß, dass es die Leute nicht trotzdem massenhaft taten.
Es wurde sich nur an das dritte Verbot gehalten.
Anschließend sind wir an lauten Straßen mit viel Verkehr entlang gelatscht (Fußwege gibt es kaum). Auch hier viel Müll und altes Zeug. Aber es wird gebaut: riesige Hotelanlagen und Appartmenthäuser neben den Hütten. Fragt sich, wie lange die da noch stehen – Gentrifizierung auf die ganz brutale Art?
Der folgende Park war langweilig und der empfohlene Boardwalk sehr kaputt und schwer begehbar. Dort gabs aber nette Restaurants und wir haben ausführlich frisch gepresste Säfte genossen. Einige der Burmesen dort viel Schnaps.
Am Nachmittag sind wir nochmal eine Stunde Richtung Norden gelaufen – zu einer Pagode mit einem 84m langen liegenden Buddha. Das ist schon eine Sehenswürdigkeit. Riesig, bunt und sehr feminin. Wie auch im Christentum gibt es Unmenen von religiösen Ritualen und Geschichten, die wir nicht kennen und verstehen. Aber es ist immer wieder nett anzusehen, wenn z.B. Menschen Wasser auf Buddhafiguren gießen usw.
Zurück haben wir uns dann ein Taxi geleistet. Das ist hier nicht mal unbedingt für die Einheimischen Luxus (jedenfalls für die „Mittelklasse“). Die einstündige Fahrt hat uns etwas über 2€ gekostet, abends waren wir
thailändsch Essen.
Zum Schluss gabs noch frisch gezapftes Bier im Schatten der Sule Pagode. Eigentlich müsste das ein touristischer Hotspot und unbezahlbar sein. Aber die Gegend um diese Pagode ist sehr ärmlich und heruntergekommen. So war das Bier sehr preiswert, dafür mussten wir aber starken Geruch aushalten und konnten auch die abendliche Yangoner Fauna beobachten…